Vorsicht, WLAN!

Bundesregierung rät von der Nutzung drahtloser Netzwerke ab

von Alfred Krüger (Redaktion HEUTE - ZDF)

Kabel oder WLAN? Die Bundesregierung nimmt Computernutzern die Entscheidung ab. Da gesicherte Erkenntnisse über mögliche gesundheitliche Spätfolgen von Funkstrahlen nicht vorliegen, empfiehlt sie, auf den Einsatz von WLAN vorsorglich zu verzichten.

Britische Lehrer schlagen schon seit längerer Zeit Alarm. In Großbritannien seien 80 Prozent der weiterführenden Schulen sowie die Hälfte aller Grundschulen mit WLANs ausgestattet, obwohl man die gesundheitlichen Spätfolgen der durch Funknetze verursachten Strahlung speziell auf Kinder und Jugendliche noch nicht ausreichend erforscht habe. Funknetzwerke könnten sich zum "Asbest des 21. Jahrhunderts" entwickeln, befürchtet der britische Lehrerverband Professional Association of Teachers (PAT).

"Kinder reagieren empfindlicher"
Lawrie Challis, Leiter des von der britischen Regierung geförderten Forschungsprojekts Mobilkommunikation und Gesundheit, stößt in das gleiche Horn - wenngleich auch wesentlich verhaltener. Kinder unter 15 Jahren sollten so wenig wie möglich per Handy telefonieren, meint der Wissenschaftler. Entsprechendes gelte für die WLAN-Nutzung. Die Strahlung, die von einem WLAN-fähigen Laptop ausgehe, sei zwar wesentlich geringer als die Handystrahlung. Dennoch sollten Kinder einen Sicherheitsabstand zu den eingebauten Antennen in ihren Laptops einhalten. So sollten sie ihre Laptops während der Benutzung nicht auf den Schoß nehmen.
"Kinder reagieren empfindlicher als Erwachsene auf eine Reihe von Umweltgefahren", sagt Challis. Eltern sollten deshalb Vorsicht walten lassen und die WLAN-Nutzung ihrer Kinder kontrollieren, weil gesicherte Aussagen über mögliche Langzeitfolgen der hochfrequenten Funkstrahlung bisher nicht existierten - kein Wunder. WLAN ist eine junge Technik, die sich erst in den letzten Jahren massiv verbreitet hat.

Grundlage für die Beurteilung möglicher Gesundheitsschäden durch hochfrequente elektromagnetische Felder, wie sie beim Betrieb von Handys oder WLANs entstehen, ist die so genannte spezifische Absorptionsrate (SAR). Sie beschreibt, welche Strahlungsleistung vom menschlichen Körper aufgenommen wird. Die Grenzwerte wurden von der Weltgesundheitsorganisation festgelegt. Sie betragen 0,08 Watt pro Kilogramm (W/kg) für den ganzen Körper und 2,00 W/kg für einzelne Körperteile.

Spätfolgen werden nicht untersucht
"Durch WLAN verbundene Geräte bleiben als Einzelkomponenten deutlich unterhalb dieser SAR-Grenzwerte", sagt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Eine WLAN-Einsteckkarte fürs Notebook erreiche bei minimalem Abstand zum Körper Teilkörper-SAR-Werte von nur circa 0,1 W/kg. Zulässig sind 2 W/kg. "Werden die Grenzwerte eingehalten, gibt es nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft keine Nachweise, dass hochfrequente elektromagnetische Felder gesundheitliche Risiken verursachen", resümiert das BfS.

Falsch, sagen Kritiker.
Die Langzeitwirkung falle bei dieser Rechnung unter den Tisch. Tatsächlich müssen elektronische Geräte anders als etwa Medikamente nur die Grenzwerte einhalten, um zugelassen zu werden. Langfristige gesundheitliche Auswirkungen werden nicht untersucht. Die WLAN-Technik sei ohne Überprüfung möglicher Spätschäden eingeführt worden, warnt etwa der britische Physiker Dennis Henshaw von der Universität Bristol. Die bundesdeutschen Grünen schlossen sich dieser Warnung an.
In einer kleinen Anfrage wollten sie von der Bundesregierung unter anderem wissen, welche Vorsorgemaßnahmen getroffen würden, "um die Belastung der Bevölkerung durch WLAN möglichst gering zu halten". Die Bundesregierung antwortete prompt. Direkte Vorsorgemaßnahmen würden nicht getroffen. Grundsätzlich sehe man in der wachsenden Verbreitung privater und öffentlicher WLANs auch keinen Anlass zur Besorgnis. Die ermittelten Messwerte lägen auch im ungünstigsten Fall weit unter den empfohlenen Grenzwerten.

Kabel statt WLAN
Die persönliche Strahlenbelastung sei allerdings so gering wie möglich zu halten, heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen weiter. Deshalb empfiehlt die Bundesregierung, herkömmliche Kabelverbindungen gegenüber WLAN zu bevorzugen, "wenn auf den Einsatz von funkgestützten Lösungen verzichtet werden kann".
Bündnis 90/Die Grünen fühlen sich in ihrer Mahnung zur Vorsicht beim Einsatz von WLAN bestätigt. "Uns geht es um die Gesamtexposition der Bevölkerung", sagt Sylvia Kotting-Uhl, umweltpolitische Sprecherin der Grünen, gegenüber heute.de. Die WLAN-Strahlung addiere sich zu jener von anderen hochfrequenten elektromagnetischen Feldern, denen die Menschen ausgesetzt seien. "Unsere Priorität ist es, diese Gesamtexposition so gering wie möglich zu halten."
Das gelte insbesondere für den Einsatz von WLAN in bundesdeutschen Schulen, sagt Kotting-Uhl. Der Bayerische Landtag riet den Schulen seines Bundeslandes bereits im Dezember 2006, auf WLAN-Netze möglichst zu verzichten. Die Abgeordneten beriefen sich ebenso wie jetzt die Bundesregierung auf das Bundesamt für Strahlenschutz, das in einer Landtagsanhörung damals die Devise Kabel statt WLAN ausgegeben hatte.

"Bundesregierung unglaubwürdig"
Andere Bundesländer wären gut beraten, dem bayerischen Vorbild nachzueifern, meint Sylvia Kotting-Uhl. Der informierte Bürger könne sich entscheiden, ob und wie er WLAN in den eigenen vier Wänden nutze. "Schülerinnen und Schüler in einer mit WLAN ausgerüsteten Schule haben diese Entscheidungsfreiheit nicht", erklärte die grüne Umweltpolitikerin gegenüber heute.de.
An der Haltung der Bundesregierung lässt Kotting-Uhl trotz der Anti-WLAN-Empfehlung kein gutes Haar. "Wer aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes die Meidung von WLAN empfiehlt, gleichzeitig aber keine aktive Vorsorgepolitik betreibt, macht sich unglaubwürdig", heißt es in einer Pressemitteilung ihrer Fraktion. Vorsorgender Gesundheitsschutz sei mehr als nur eine unverbindliche Empfehlung. Ihre Fraktion werde deshalb nach der Sommerpause einen Antrag in den Bundestag einbringen, "in dem wir die Bundesregierung auffordern, ein Maßnahmenpaket zur Minimierung der hochfrequenten Strahlung durch WLAN vorzulegen".
Sie selbst verzichte längst auf WLAN, sagte Kotting-Uhl gegenüber heute.de. "Meine Büros in Berlin und im Wahlkreis sind verkabelt." Und zu Hause habe sie einen Festnetzanschluss. Handy und WLAN nutze sie lediglich unterwegs und im Zug - mangels strahlungsärmerer Alternativen.
 

© von Alfred Krüger (Redaktion HEUTE - ZDF)

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